Newsmeldung – GmbH-Recht
January 17th, 2008Der deutsche Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 16.7.2007 (II ZR 3-04) das Haftungskonzept zum sog. existenzvernichtenden Eingriff in das GmbH-Recht geändert. Unter existenzvernichtenden Eingriff versteht man, wenn eine GmbH im Zusammenwirken mehrerer oder von ihrem einzigen Gesellschafter zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger so gesteuert wird, dass er nicht mehr zahlungsfähig ist, oder noch vorhandene Restleistungsfähigkeit weiter geschmälert wird. In diesem Zusammenhang ist etwa an die Entziehung unentbehrlicher Liquidität oder anderer Vermögensgüter wie z.B. die Übertragung des Maschinenparks an eine Schwestergesellschaft usw. zu denken. Eingriffe mit existenzvernichtenden Potentialen, die auch ohne Mitwirkungen der Geschäftsführer möglich sind, können die Abwerbung unentbehrlicher Know-How-Träger oder die Kündigung von Gebrauchsüberlassungsverträgen (Lizenzen, Miet- oder Pachtverträge) oder Vermögensgüter sein, ohne welche die Gesellschaft mit Aussicht auf Erfolg nicht weiter betrieben werden kann. Dazu zählen etwa auch Fälle, in denen der Gesellschafter einen für die Gesellschaft zentral wichtigen Markt nunmehr selbst (oder durch eine Schwestergesellschaft) mit der Befolge bearbeitet, dass die GmbH dort keine Geschäfte mehr machen kann. Auch wenn Risiken überbürdet werden, die im Verhältnis zum Vermögen der GmbH und den mit Ihnen verbundenen Gewinnaussichen ganz unverhältnismäßig sind, liegt ein solcher existenzvernichtender Eingriff vor. Bisher hat der Deutsche BGH eine eigenständige Haftungsfigur angenommen, welche an den Missbrauch der Rechtsform anknüpft. Die Haftungsfigur war als Durchgriffsaußenhaftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ausgestaltet. Nunmehr knüpft der BGH die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters an die missbräuchliche Schädigung des im Gesellschaftsinteresse zweckgebundenen Gesellschaftervermögens an und ordnet sie – in Gestalt einer schadenersatzrechtlichen Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft allein als eine besondere Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung. Damit gibt der zweite Zivilsenat seine bisherige Judikatur („Bremer Vulkan“ BGHZ 149, 10) ausdrücklich auf. Die Entscheidung hat weitreichende Folgen. Das deutsche Höchstgericht hat mit diesem Urteil die Rechtsform der GmbH gestärkt. Das Urteil wird auch Auswirkungen auf die Österreichische Rechtsprechung haben, die in diesem Punkt noch wenig entwickelt ist (vgl. dazu Koppensteiner, z.H. der Gesellschafter bei Zahlungsunfähigkeit der GmbH, JBl. 2006 681).