Newsmeldung – Kunstfreiheit
Januar 7th, 2008Kunstfreiheit
Deutsches Bundesverfassungsgericht setzt der Kunstfreiheit Grenzen (Beschluss vom 13.6.2007 I BvR 1783/05)
Der im Jahr 2003 erschienene Roman „Esra“ wurde von den deutschen Zivilgerichten in seiner Veröffentlichung und Verbreitung verboten.
Die ehemalige Freundin des Autors und deren Mutter, die sich in den Romanfiguren wieder erkannten, haben geltend gemacht, das Buch stelle eine Biographie ohne wesentliche Abweichungen von der Wirklichkeit dar.
Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde war teilweise erfolgreich: Das Bundesverfassungsgericht hielt fest, dass bei dem gerichtlichen Verbot eines Romans als besonders starken Eingriff in die Kunstfreiheit die Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidungen mit der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie auf der Grundlage der konkreten Umstände und des vorliegenden Sachverhalts zu prüfen ist. Die Kunstfreiheit verlangt für ein literarischen Werk, dass sich als Roman ausweist, eine kunstspezifische Betrachtung. Daraus folgt insbesondere eine Vermutung für die Fiktionalität eines literarischen Textes. Die Kunstfreiheit schließt das Recht zur Verwendung von Vorbildern aus der Lebenswirklichkeit ein. Zwischen dem Maß, in dem der Autor von der Wirklichkeit abgelöste ästhetische Realität schafft, und der Intensität der Verletzung des Persönlichkeitsrechts besteht eine Wechselbeziehung. Je stärker Abbild und Urbild übereinstimmen, desto schwerer wiegt die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts. Je mehr die künstliche Darstellung besonders geschützter Dimensionen des Persönlichkeitsrechts berührt, desto stärker muss die Fiktionalisierung sein, um eine Persönlichkeitsrechtsverletzung auszuschließen. Bei detaillierten Schilderung der Intimsphäre von Personen aus der Lebenswirklichkeit ist daher ein strengerer Maßstab an die Fiktionalisierung anzulegen als bei weniger starken Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht.